Misfit / Anpassung

Misfit-Situation laut Remo Largo

Wenn wir es nicht schaffen, in Übereinstimmung mit der Umwelt zu leben, sind wir in eine Misfit-Situation geraten. Wir sind in unserem körperlichen und psychischen Wohlbefinden beeinträchtigt und können ernsthaft erkranken, an psychosomatischen Symptomen wie Kopf- und Bauchschmerzen leiden, depressiv werden oder gar in ein Burn-out fallen.

Ob wir ein passendes Leben führen können oder in eine Misfit-Situation geraten, hängt auch von den Lebensumständen ab. So können gesellschaftliche und wirtschaftliche Gegebenheiten ein passendes Leben ermöglichen oder verhindern. Heutzutage können viele Menschen ihre Grundbedürfnisse unterschiedlich gut befriedigen:

  • Körperliche Integrität: Ernährung und Gesundheitsversorgung sind für die allermeisten Menschen gewährleistet.
  • Emotionale Sicherheit: Geborgenheit ist immer häufiger vor allem für Kinder und alte Menschen immer weniger sichergestellt. Ihnen fehlt die Gemeinschaft vertrauter Menschen, denn nur sie kann Geborgenheit vermitteln.
  • Soziale Anerkennung, sozialer Status: Immer mehr Menschen erhalten nicht mehr die soziale Anerkennung, die sie benötigen und fühlen sich in der Gesellschaft randständig.
  • Selbstentfaltung: Kinder und Erwachsene können ihre Fähigkeiten immer weniger entfalten. In der Schule werden diejenigen Fähigkeiten gefördert, die von der Wirtschaft verlangt werden. Die Wirtschaft besteht aus 75 % Dienstleistung. Was ist mit all den Menschen, die sich körperlich und handwerklich betätigen möchten?
  • Befriedigung durch Leistung: Immer weniger Menschen können die Leistungen erbringen, die sie eigentlich möchten. Sie führen fremdbestimmt Aufträge aus, die der Arbeitgeber von ihnen verlangt. Sie arbeiten für ihren Lebensunterhalt, den Sinn ihrer Tätigkeit sehen oftmals nicht mehr ein.
  • Existenzielle Sicherheit: Ist nicht für alle Menschen gewährleistet, insbesondere im Alter.

Die Befriedigung der Grundbedürfnisse ist genauso ein Menschenrecht wie Freiheit und Gerechtigkeit.

In der Gesellschaft und Wirtschaft herrscht immer noch die Meinung vor, wir wären alle gleich, alle Menschen müssten alles können, was – wie wir alle wissen – nicht stimmt.

Mehr Information "Misfit-Theorie" von Remo Largo

 

"Wer sich als „Normalbegabter“ mit diesem Thema auseinandersetzen möchte, muss bereit sein, sich auf eine Andersartigkeit einzulassen. HBs denken nämlich nicht einfach mehr und schneller, sondern vor allem anders. D. h. ihre zerebrale Festplatte hat nicht einfach einen größeren Arbeitsspeicher und einen schnelleren Prozessor, sondern ein grundlegend anderes Betriebs-system. Deshalb gibt es eine Art kulturelle Kluftzwischen HBs und NBs, deren Überwindung aber für beide ein Gewinn sein kann. (...) Wie auch immer diese geistige Überaktivität entsteht, sie führt vor allem dazu, dass Hochbegabte zu divergentem Denken neigen, d. h. sie integrieren in einen Denkprozess schnell vielfältige und komplexe Überlegungen, ziehen schnell Vergleiche heran oder übertragen einmal erkannte Lösungs-muster schnell auf andere Probleme. Was zunächst wie ein Vorteil aussieht, kann bei der Lösung ein-facher Probleme hinderlich sein." Zitat aus Dreimal hoch Text von Dr. Gertrud Wolf

Unterforderung

"Wenn Anlagen und Entfaltungsdrang des Kindes und die Möglichkeiten der Menschen in seiner Umgebung zu sehr voneinander abweichen, wenig zueinander passen, können zweigrundlegende menschliche Bedürfnisse, Sichentfaltenwollen und Dazugehörenwollen, in dem Kind in einen schwerwiegenden Konflikt miteinander geraten und seine Entwicklung erheblich stören.(...) Eine unflexible Umgebung geht auf unerwartete Signale nicht ein, so dass es für das hoch begabte Kind zu einem irritierenden Mangel an Antwort kommen kann, zu einer »Verweigerung der Teilung mentaler Zustände«, die lang dauernd nachhaltige Beeinträchtigungen hervorrufen kann. Eine solche Verweigerung der Teilung mentaler Zustände bedeutet eine Verweigerung der Zugehörigkeit, eine Ausgrenzung, und spielt für das Entstehen von Entwicklungsschwierigkeiten hoch begabter Kinder eine wesentliche Rolle. (...) Sie entwickeln Symptome, die auf die innere Not hinweisen und typisch sind für anhaltende Fehlforderungen." aus BMBF

"Hochbegabte Kinder brauchen intellektuelle Herausforderungen und müssen auf ihrem Lernweg in ihrem Tempo voranschreiten können, damit es ihnen gut geht. Wenn sie unterfordert sind, kann das zu einem Verlust ihres Selbstvertrauens, zu übermässiger Anpassung, einer Konzentrationsabnahme, Flüchtigkeitsfehlern, Verhaltensauffälligkeiten (Depressionen oder aggressives Verhalten) sowie zu psychosomatischen Symptomen führen. Ihre Unterforderung erzeugt Stresssymptome und ihr Wohlbefinden leidet." Kathrin Berweger

Interview mit Letizia Gauck https://tageswoche.ch/allgemein/unterforderung-ist-schwer-zu-ertragen/

Film SRF "Jedes fünfte Schulkind ist unterfordert"

Unterforderung in der Schule

Luis 9 J.

In der Schule sind hochbegabte Kinder oft unterfordert, das führt zu einer unbefriedigenden Schulsituation.

Der EHK sieht folgende Handlungsfelder zur Verbesserung der Schulsituation für hochbegabte Kinder:

 

Unterricht

  • Massnahmen zur inneren und äusseren Differenzierung bei Unterforderung
  • Individualisierungsmassnahmen im Rahmen des pädagogischen Freiraumes
  • Anspruchsvolle Aufgaben im Rahmen von Projektarbeiten
  • Anreicherung des Unterrichts mit nichtcurricularen Themen (Enrichment)
  • Akzelerationsmassnahmen, wie die Möglichkeit zur Teilnahme am Unterricht in höheren Klassen, bei nachweisbarem Spezialwissen, das die altersüblichen Normen übersteigt.
  • Gewährung von interessenabhängiger Eigentätigkeit (selbstbestimmtes Lernen)

    Rahmenbedingungen in den Schulen

  • Schaffung von Arbeits- und Interessengemeinschaften, die intellektuell besonders befähigten Kindern in ihren Interessensgebieten entgegenkommen (als Ergänzung des vorhandenen Angebotes an musischen, sportlichen und kreativ-technischen Aktivitäten) Nutzung von Förderstunden auch für Hochbegabtenförderung
  • Zusätzliche LehrerInnenstunden zur individuellen Förderung durch besonders ausgebildete Lehrkräfte

    Aus- und Fortbildung
  • Aufnahme der Hochbegabtenpädagogik in die Ausbildungspläne der LehrerInnenausblidung sowie ein verbindliches & systematisches Fortbildungsangebot für LehrerInnen aller Schularten
  • Aufnahme der Hochbegabtenthematik (Identifikation und Beratung) in die Ausbildungspläne von SchulpsychologInnen, InspektorInnen, KinderärztInnen, DiplompsychologInnen und ErziehungsberaterInnen

Minderleister

 

Bei schlechten Schulleistungen lohnt es sich, immer genau hinzuschauen. Er härtet sich der Verdacht auf Minderleistung, ist eine differenzierte psychologische Abklärung nötig. Auch wenn von einer kleinen Anzahl von intellektuell hochbegabten Minderleistern oder Minderleisterinnen ausgegangen werden kann, ist es bedenklich, wenn diese ihr intellektuelles Potential nicht umsetzen können.

Im Unterricht auf allen Stufen soll vor allem auf die Prävention gesetzt werden. «Guter Unterricht ist durch ein hohes Mass an Individualisierung gekennzeichnet und kann damit der Entwicklung und Verfestigung von «Underachievement» vorbeugen; und guter Unterricht ist – begleitet von individualisierenden pädagogisch-psychologischen Massnahmen – ebenfalls ein guter Ansatz, «Underachievern» – wie auch allen andern Schülerinnen und Schülern– zu helfen, sie in ihrem Lernweg nach Kräften zu unterstützen und zu fördern.» (Rost und Sparfeld 2007 S. 79) Text aus "Fachschrift zur Begabungsförderung" VSB Luzern

 

"Ohne Motivation ist alles nichts" Dina Mazzotti

Hohe Empfindlichkeit / Hochsensibilität

"Beobachtungen, die auf eine Hochsensibilität hindeuten könnten, sind folgende: Ihr Kind ist in Bezug auf laute Geräusche empfindlich, zurückhaltend und scheu bei unbekannten Menschen. Änderungen im Tagesablauf sind für das Kind schwierig. Es könnte hochsensibel sein. 15 bis 20 Prozent aller Kinder sind auf diese besondere Art empfindsam. Oft sind besonders die klugen und kreativen Kinder betroffen (Eliane N. Aron). Die Hochsensibilität erfasst man über einen Fragebogen. Generell wird die Hochsensibilität kontrovers diskutiert. Die Standpunkte reichen von «wissenschaftlich nicht erwiesen» bis zu einem klaren Bejahen von all den Beobachtungen, die in der Literatur diskutiert werden.

Bei Hochsensibilität ist es wichtig, ein Augenmerk darauf zu richten, Überreizung zu vermeiden, damit das Kind zur Ruhe kommen kann. Pausen und Erholung sind wichtig, damit das Kind sein Potenzial entwickeln kann.

Überreizungen können z.B. so vermieden werden:

  • „Weniger ist mehr“, den Alltag anpassen
  • Akustisch: zu Hause möglichst keine weiteren „Lärmquellen“ wie Musik schaffen. Akustische Reize reduzieren, z.B. wenig Lärmquellen (Musik, Staubsauger usw.), die Möglichkeit geben, sich zurückziehen zu können; Lärm mit Ohrenschutz wie Pamir oder Ohrenstöpsel reduzieren
  • Visuell: wenig optische Reize, z.B. mit geschlossenen Gestellen und Schränken
  • Geschmack, Geruch: mit wenig Gewürzen kochen, sichere „Werte“ einplanen, einer Unterzuckerung vorbeugen
  • Taktil: auf feine Stoffe achten (In der Regel sind Naturmaterialien besser, z.B. feine Baumwolle, Bambusfaser, Seide.) Schildchen und Knöpfe entfernen, evtl. umgekehrt tragen lassen

Gleichzeitig fallen hochbegabte Kinder unter anderem durch ihr hohes Denktempo, die Verarbeitungsgeschwindigkeit, die komplexe Art zu denken, ihre Neugierde und ihren Wissensdurst auf. Diese Kinder lieben es, etwas Neues zu lernen. Sie brauchen intellektuelle Herausforderungen und müssen auf ihrem Lernweg in ihrem Tempo voranschreiten können, damit es ihnen gut geht.Wenn sie unterfordert sind, kann das zu einem Verlust ihres Selbstvertrauens, zu übermässiger Anpassung, einer Konzentrationsabnahme, Flüchtigkeitsfehlern, Verhaltensauffälligkeiten (Depressionen oder aggressives Verhalten) sowie zu psychosomatischen Symptomen führen. Ihre Unterforderung erzeugt Stresssymptome und ihr Wohlbefinden leidet." Text von Kathrin Berweger Kostenloses E-Book "E-Book Hochsensibilität, sensible Kinder besser verstehen und begleiten mit Kinder- und Elternfragebogen" 

 

 

Overexcitability

For many gifted individuals it is their emotional overexcitabilities that are the source of their greatest vulnerabilities. The discovery that these vulnerabilities are also the birthplace of their ability to use their gifts in creative and innovative ways serves as a wakeup call to reassess our perceptions on these overexcitabilities and how we address them in our young gifted.

(Für viele Hochbegabte sind ihre emotionalen Übererregbarkeiten die Quelle ihrer größten Verwundbarkeit. Die Entdeckung, dass diese Schwachstellen auch die Geburtsstätte ihrer Fähigkeit sind, ihre Gaben auf kreative und innovative Weise zu nutzen, dient als Weckruf, um unsere Wahrnehmung dieser Übererregbarkeiten und den Umgang mit ihnen bei unseren jungen Begabten zu überdenken.)

https://www.sengifted.org

https://open-mind-akademie.de/hochsensibilitaet-hochbegabung-gehoeren-zusammen/

 

 

Kurzfilm 1 "Hochsensibilität"

Kurzfilm 2 "Hochsensibilität"

Kurzfilm 3 "Hochsensibilität" Dina Mazzotti